Bei der molekularen Karyotypisierung handelt es sich um eine Microarray-basierte Untersuchung des gesamten nukleären Genoms. Sie dient der Diagnostik kleinster genomischer Imbalancen. Verglichen mit der konventionellen Chromosomenanalyse, bei welcher Veränderungen ab einer Größe von ca. 5 Mb erkannt werden können, ermöglicht die molekulare Karyotypisierung die Erfassung submikroskopischer Chromosomen-aberrationen von weniger als 0,1 Mb. Zu diesen submikroskopischen Aberrationen gehören die klassischen Mikroaberrationssyndrome sowie alle Subtelomerveränderungen, welche bislang vorwiegend mittels Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung (FISH) bzw. Multiplex-Sonden-Ligation zur Quantifizierung (MLPA) nachgewiesen wurden.
Durch die zunehmende Anwendung der Array-CGH sind in den letzten Jahren zahlreiche neue Mikrodeletions- und Mikroduplikationssyndrome beschrieben worden. Der Phänotyp ist hierbei meist durch eine mentale Retardierung in variabler Ausprägung mit oder ohne zusätzliche Merkmale (z. B. Dysmorphie, Verhaltens-auffälligkeiten, Fehlbildungen) geprägt. Zudem sind mittlerweile einige Kopienzahlveränderungen als Risikofaktoren für das Auftreten insbesondere neuro-psychiatrischer Erkrankungen charakterisiert.
Balancierte chromosomale Veränderungen (Translokationen, Inversionen und Insertionen) und niedriggradige Mosaike können nicht erfasst werden. Daher kann die molekularen Karyotypisierung die klassische Zytogenetik nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen.
Die molekulare Karyotypisierung stellt ein Verfahren dar, welches besonders bei einem unspezifischen klinischen Bild mit mentaler Retardierung und somatischen Auffälligkeiten zur weiteren Abklärung geeignet ist. Zudem können mikroskopisch erkannte Chromosomenveränderungen genauer abgeklärt werden.
Die vorgeburtliche Array-CGH ist eine sinnvolle Ergänzung zur Chromosomenanalyse. Sie ermöglicht den Nachweis submikroskopischer Veränderungen im Genom und damit eine umfassendere Diagnostik bei noch ungeklärter Ursache von auffälligen Ultraschallbefunden. Bei einem auffälligen Chromosomenbefund kann eine verbesserte Genotyp-Phänotyp-Korrelation erreicht werden.