Strukturaberrationen
Strukturaberrationen entstehen durch Brüche und Umbauten der Chromosomen. Bei einem balancierten Umbau wird kein chromosomales Material hinzugewonnen oder geht verloren. Eine unbalancierte Strukturänderung ist mit einem Zugewinn (partielle Trisomie) oder mit Verlust chromosomalen Materials (partielle Monosomie) verbunden und führt fast immer zu einem auffälligen klinischen Phänotyp.
Es wird zwischen den folgenden Strukturveränderungen unterschieden:
- Translokation
- reziproke Translokation
- Robertsontranslokation
- Deletion
- Inversion
- Insertion
- Isochromosom
- dizentrisches Chromosom
- Ringchromosom
zu 1.) |
Den gegenseitigen Stückaustausch zwischen zwei Chromosomen bezeichnet man als reziproke Translokation. Diese Translokationen erscheinen zytogenetisch meist balanciert und verursachen keine klinische Auffälligkeiten bei den Translokationsträgern. Balancierte Translokationen werden in der Normalpopulation mit einer Häufigkeit von 1:500 gefunden. Die Vererbung erfolgt nach den Mendelschen Regeln, so dass in der Meiose die Entstehung unbalancierter Formen möglich ist. Diese können fetale Letalfaktoren darstellen oder mit einem klinischen Phänotyp einhergehen.Fusionen der Langarme der akrozentrischen Chromosomen, die mit einem Verlust der Kurzarme einhergehen, führen zu den sogenannten Robertsonschen Translokationen, d.h. zu einem Karyotyp mit 45 Chromosomen und unauffälligem Phänotyp. Bei der Vererbung Robertsonscher Translokationen ist ebenfalls die Entstehung unbalancierter Karyotypen möglich. |
zu 2.) |
Deletionen sind Verluste chromosomalen Materials, die terminal oder interstitiell vorliegen können und einen unbalancierten Karyotyp zur Folge haben. |
zu 3.) |
Eine Inversion setzt zwei Chromosomenbrüche voraus. Das Material zwischen den Bruchpunkten wird um 180° invertiert wieder eingebaut. Je nach Lage des Zentromers unterscheidet man zwischen para- und perizentrischen Inversionen. |
zu 4.) |
Eine Insertion bedeutet Einschub von Material des gleichen Chromosoms an eine andere Position oder Einschub von Material eines anderen Chromosoms. Eine Insertion setzt 3 Brüche voraus und kann bei den Nachkommen zu einem unbalancierten Karyotyp führen (Duplikation). |
zu 5.) |
Ein Isochromosom entsteht durch eine Querteilung eines normalen Chromosoms. Möglich ist die Bildung eines Isochromosoms aus zwei Kurz- oder zwei Langarmen. |
zu 6.) |
Dizentrische Chromosomen enthalten zwei Zentromere und sind sehr instabile Umbauten. |
zu 7.) |
Ringchromosomen entstehen nach einem Bruch in p- und q-Arm innerhalb eines Chromosoms und Wiedervereinigung der Enden. Die distalen Chromosomen-abschnitte gehen verloren. Es liegt ein unbalancierter Karyotyp vor. |
Jeder strukturelle Umbau erfordert eine Chromosomenanalyse der Eltern.
Von den Strukturaberrationen sind heterochromatische und euchromatische Varianten abzugrenzen. Sie betreffen heterochromatische und euchromatische Bereiche und haben in der Regel keine klinische Bedeutung. In den meisten Fällen treten sie familiär auf und werden nach den Mendelschen Regeln vererbt. Heterochromatische Polymorphismen können mit Spezialfärbungen nachgewiesen werden. Für die euchromatischen Normvarianten ist die Kenntnis der entsprechenden Regionen notwendig. Angaben hierzu werden in Datenbanken gesammelt.